Bei dem Titel musste ich erst einmal nachschauen, ob ich das Buch nicht bereits im Regal stehen habe, denn viele Bücher haben die Anzahl der Experimente im Titel (bei mir habe ich 21 solcher Buchtitel gezählt). Ich habe das Gefühl, dass die Buchverlage einige Experimente-Bücher immer wieder neu herausbringen – mit jeweils neuem Cover und etwas verändertem Titel. Und siehe da: Zwei tragen den Titel: „111 spannende Experimente für Kinder“ (von Martina Rüter) bzw. „Die 111 interessantesten Experimente für Kinder“ (von Kerstin Landwehr).
Mein frisch gekauftes Buch (2.Auflage von 2014) trägt den Titel:
111 neue spannende Experimente für Kinder
von Martina Rüter
144 Seiten
ISBN 978-3-8174-6726-6
ca. 10.- EUR
Zur Erinnerung: Mein vorhandenes Buch heisst:
111 spannende Experimente für Kinder
von Martina Rüter
144 Seiten
ISBN 978-3-8166-0629-1
ca. 5.-
Etikettenschwindel
Tja, Frau Rüter, ich bin schwer enttäuscht. Da gibt es von Ihnen ein Experimente-Buch aus dem Jahre 2009 mit dem Titel „111 spannende Experimente“ und eines von 2014 mit dem Titel „111 NEUE spannende Experimente“. Na, was habe ich wohl von Ihrem neuen Buch erwartet? NEUE Experimente! Aber was ist: Beide Bücher haben den exakt gleichen Inhalt. Sauerei! Ich hoffe, das war nicht das Ergebnis der „mentalen Unterstützung“ Ihres Mannes, die Sie in Ihrem Vorwort erwähnen.
Jetzt wird es kurios
Und dann ist da ja noch das andere 111-Experimente-Buch aus dem Jahre 2006. Dieses Mal kommen die Texte allerdings von einer ganz anderen Autorin: Kerstin Landwehr. Der Buchaufbau ist völlig gleich zu den oben genannten Büchern – der Inhalt nicht.
Zudem beschreibt Frau Landwehr im Vorwort ziemlich ausführlich, wie es zu dem Buch gekommen ist, selbst die Kinder aus ihrem gymnasialen Forscherkurs sind genannt. Hier ist dann wohl der Ursprung der Bücher zu suchen.
Die Verbindung scheint die Agentur „Kunterbunt“ zu sein, sie ist in allen Büchern für die Abbildungen (= Studioaufnahmen der Kinder) verantwortlich.
Der Vollständigkeit halber zu diesem Buch hier auch noch alle Angaben:
Die 111 interessantesten Experimente für Kinder
von Kerstin Landwehr
144 Seiten
ISBN 978-3-8174-5023-7
ca. ?.- EUR (leider nicht mehr ermittelbar da aus 2006)
Rüter- Landwehr – egal!
Jedes der 111 Experimente wird auf einer Seite beschrieben, bei einigen geht die Beschreibung über zwei Seiten. Überschrieben mit jeweils einem Wort als Titel folgt nach einem kurzen Einleitungstext die Rubrik „Mach dazu diesen Versuch“.
In einzelnen Schritten wird recht ausführlich beschrieben, wie das Experiement durchgeführt wird. Ein bis zwei Fotos dienen zur Illustration. Im Randbereich ist jeweils kurz gelistet, was für das Experiment benötigt wird.
Hier steht man Kopf
Aus irgendeinem Grund steht die Rubrik „Was passiert?“ in einer Box auf dem Kopf. Hier wird kurz erläutert, was beim Experiment zu beobachten ist. Vermutlich steht der Text auf dem Kopf, um es etwas spannend zu machen. Nur blöd, dass in vielen Fällen das Ergebnis auch auf den Fotos gut zu sehen ist. In meinen Augen ein unnötiger Gag.
Das steckt dahinter
Jede Beschreibung schliesst mit einer Erklärung des dahinterstehenden Effektes ab. Dabei versuchen die Autorinnen Fachwörter zu vermeiden und alles sehr umgangsprachlich zu erklären. Im Plauderton geschrieben sind die Erklärungen eher wage denn präzise.
Von A bis Z
Ungewöhnlich ist die Sortierung der Experimente in allen drei Büchern. Sie sind alphabetisch nach dem Ein-Wort-Experimente-Titel aufgeführt.
Leider sind die Titel oft nicht „sprechend“: Was verbirgt sich wohl hinter den Experimenten mit den Titeln „Heiß“, „Wasser“, „Glasdeckel“ oder „Luftballontrick“?
Thematisch ist überhaupt keine Reihenfolge der 111 Experimente zu erkennen.
Gleich drei Register
Das ist wohl auch der Grund, warum hinten im Buch gleich drei unterschiedliche Register aufgeführt sind, um die Experimente zu sortieren: Nach Schwierigkeitsgrad, nach benötigtem Zeitaufwand und nach Kategorien. Letztere richten sich nach den fünf menschlichen Sinnen. Die mit Abstand meisten Einträge finden sich bei „Experimente zum Beobachten“. Meine Meinung dazu: Nutzlos.
Neue, spannende und/oder interessante Experimente?
Fehlanzeige. Leider sind im Buch von Frau Landwehr nur sehr bekannte, oft gesehene und sehr einfache Experimente. Ich habe keine „Perle“ finden können. Oder halt, doch: Auf die Idee mit Terpentin einen Farbkopierer zu „basteln“ wäre ich nicht gekommen. Wobei ein normaler Kopierer das Original eigentlich nicht zerstört! Ok, und einen ausgefallenen Milchzahn in Zitronensaft aufzulösen, habe ich auch noch nirgends gelesen.
Etwas besser ist das schon bei dem „Zwillings“-Buch von Frau Rüter. Hier sind einige eher ausgefallenere EXperimente dabei. Leider sind auch hier alle Experimente thematisch völlig durcheinander gewürfelt.
Meine Zusammenfassung
Materialaufwand: 5 von 5 Punkten
Volle Punktzahl. Verwendet werden fast nur alltägliche Dinge oder Sachen, die sich einfach beschaffen lassen.
Versuchsbeschreibung: 4 von 5 Punkten
Auch die Versuchsbeschreibungen sind ok, nur die Fotos sind nicht immer so aussagekräftig bzw. die wichtigen Punkte nur schlecht zu erkennen.
Praxistauglichkeit: 4 von 5 Punkten
Die meisten Versuche sind sehr einfach und damit wiederholungssicher. Die Experimente mit heißem Wasser sind mir persönlich bei Kindergruppen zu gefährlich. Leider eignen sich die Langzeitexperimente auch nicht für meine Forscherstunden.
Erklärung: 2 von 5 Punkten
Die Erläuterungen sind mir zu umgangssprachlich und unscharf.
Grafik/Fotos: 3 von 5 Punkten
Die abgebildeten Kinder scheinen in allen Büchern dieselben zu sein. Die meisten Aufnahmen sind im Studio gemacht und zeigen meist den kompletten Oberkörper des jeweils experimentierenden Kindes. Dadurch werden die eigentlich wichtigen Experimente eher klein und dadurch schlechter erkennbar abgebildet.
Alltagsbezug: 3 von 5 Punkten
Die Effekte sind einfache naturwissenschaftliche Phänomene. Technische Ableitungen werden so gut wie nicht erwähnt. Dafür gibt es teilweise nette kleine Geschichten drum herum.
Originalität: 2 von 5 Punkten
Die kunterbunte Reihenfolge der Experimente ist zwar originell, aber die Experimente selber weniger. Die Bücher von Frau Rüter machen hier die Punkte.
Bonus/Malus: -5 Punkte (von +/- 5 Punkten)
Für das Durcheinander und die nichtssagenden Experimente-Titel gibt es hier Minuspunkte. Die restlichen Minuspunkte gibt es für die Mogelei mit den Buchtiteln.
Gesamt: 18 Punkte
Fazit:
Ich bin über die Titelmogelei immer noch sauer und fühle mich reingelegt: 10.- EUR verschenkt. Trotz der Punktezahl sind die Bücher für mich aufgrund des Durcheinanders und der unglücklichen „1-Wort“-Experimentetitel nur sehr umständlich verwendbar.